Vertrauen in die Weisheit des Lebens – Warum Scheitern uns den richtigen Weg zeigt
Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als ich den großen Traum hatte, ein Buch zu schreiben. Ein Buch über mein Leben als Frau mit einer sichtbaren Behinderung. Perfekt, dachte ich, das ist ein Thema, das ich gut kenne, und es könnte Menschen inspirieren. Also setzte ich mich an den Schreibtisch, schrieb ein Exposé und 40 (!) Probeseiten. Ich war bereit, den nächsten Schritt zu gehen. Sogar eine Agentur, die mich an einen Verlag vermitteln sollte, hatte ich schon gefunden.
Aber es klappte nicht. Die Rückmeldung lautete: „Es gibt bereits eine Frau in Deutschland, die fast die gleiche Behinderung hat wie du, und sie hat schon ein Buch über ihr Leben geschrieben.“ Meine Welt brach zusammen. Ich fühlte mich, als wäre ich zu spät gekommen. Nicht gut genug. Mal wieder nur zweite Wahl.
Es fühlte sich an wie ein Scheitern. Schon wieder. Wie so oft in meinem Leben.
Doch heute, 10 Jahre später, blicke ich mit einem anderen Verständnis auf diese Situation zurück. Jetzt verstehe ich, warum es nicht geklappt hat: Wäre mein Buch veröffentlicht worden, hätte es mich in eine sehr enge Schublade gesteckt. Eine Schublade, aus der ich nur schwer wieder hätte ausbrechen können. Dabei wollte ich doch eigentlich über so viel mehr sprechen! Über Themen, die wirklich Veränderung und Innovation voranbringen, über das, was mein Herz bewegt. Aber damals dachte ich, ich hätte keine Berechtigung dazu, diese anderen Themen anzusprechen.
Warum das Scheitern Teil des Plans war
Im Laufe dieses Jahres gab es wieder einige Rückschläge. Nichts wollte klappen. Projekte stagnierten, der sonst gewohnte „Flow“ stockte, mein Business wurde langsamer, und ich erlebte Ablehnungen an vielen Stellen. Aber diesmal war etwas anders: Ich war bereit, zu scheitern.
Das Scheitern hatte seinen Schrecken verloren, denn ich hatte gelernt, dass es Teil des Weges ist. Es gehört dazu. Ich weiß jetzt, was ich will und wohin mein Blick gerichtet ist. Rückschläge und Blockaden bedeuten nicht, dass ich nicht weiterkomme, sondern dass ich vielleicht gerade an einer Kreuzung stehe, an der das Leben mir einen neuen Weg zeigt. Einen Weg, der mehr zu mir passt, der mehr mit meinem wahren Selbst übereinstimmt.
Heute weiß ich: Das Leben lässt mich gewinnen. Vielleicht nicht immer so, wie ich es mir ursprünglich vorgestellt habe, aber auf die eine oder andere Weise bringt es mich dorthin, wo ich sein soll.
Rückblick: Wer warst du vor 10 Jahren?
Vielleicht möchtest du für dich selbst auch einmal einen Blick zurückwerfen. Denke an die Version von dir, die du vor 10 Jahren warst. Versuch, dir diese Zeit lebhaft vorzustellen – was hast du damals erlebt, gefühlt, gewollt? Welche Menschen haben dich begleitet, und welche Träume hattest du damals?
Stell dir diese Fragen ganz bewusst:
Wie hast du damals gelebt?
Welche Menschen waren in deinem Leben präsent?
Welche Wünsche hattest du, und welche davon haben sich erfüllt?
Und dann stelle dir die vielleicht wichtigste Frage von allen: Über welche Träume, die sich NICHT erfüllt haben, bist du heute froh?
Es ist eine interessante und oft überraschende Erkenntnis, wenn man merkt, dass manche der Träume, die damals so wichtig schienen, uns heute vielleicht gar nicht mehr gut tun würden. Vielleicht haben sich manche Wünsche nicht erfüllt, weil das Leben uns etwas Besseres bereitgehalten hat. Weil das Leben, auch wenn es manchmal zäh und unerbittlich wirkt, eine tiefere Weisheit besitzt, die wir nicht immer sofort verstehen können.
Die Weisheit des Lebens annehmen
Das Leben bringt uns nicht immer dorthin, wo wir denken, dass wir hingehen sollten. Es führt uns auf Umwege, lässt uns stolpern, scheitern und neu anfangen. Aber genau darin liegt seine Weisheit. Denn oft sind es diese Rückschläge, die uns dazu zwingen, tiefer zu gehen, mehr über uns selbst zu erfahren und herauszufinden, was wir wirklich wollen.
Heute bin ich dankbar dafür, dass mein Buch damals nicht veröffentlicht wurde. Denn es hat mir die Freiheit gegeben, mich auf das zu konzentrieren, was mich wirklich erfüllt. Es hat mich gelehrt, dass Scheitern nicht das Ende ist, sondern ein Signal, dass etwas Neues auf mich wartet.
Vielleicht magst du das nächste Mal, wenn ein Traum sich nicht erfüllt oder ein Projekt scheitert, innehalten und dich fragen: Was versucht mir das Leben gerade zu sagen? Welche Tür wird sich öffnen, weil diese sich geschlossen hat?
Denn das Leben ist weise. Es führt uns auf Pfade, die wir oft erst im Nachhinein als die richtigen erkennen. Und manchmal braucht es die größten Hindernisse, um uns auf den Weg zu den größten Möglichkeiten zu bringen.