Ich wollte die Welt verändern. Ich wollte nicht nur labern, ich wollte machen. Ideen hatte ich schon immer genug und an der „Fuck it!“-Einstellung mangelte es mir auch nicht. Mich nervte immer dieses Mitleidsgequatsche, dieses „Uncoole“ und Langweilige im Aktivismus – vor allem in der Behindertencommunity. Ich wollte es anders machen.
Ich gründete nach „anderStark – Stärke braucht keine Muskeln“ gleich „inkluWAS – design, das denken verändert“ hinterher. Es lief erneut sehr gut, obwohl einige die Idee belächelten (wie immer), sie zu ambitioniert oder zu naiv hielten. Mir doch egal, ich wollte nicht nur die Welt verändern – ich tat es ganz direkt und haptisch. Ich war stolz wie Bolle auf mich selbst!
Wir – Kathrin und ich – arbeiteten viel für und an inkluWAS. So viel, dass uns die Freude und die Kreativität abhanden gekommen ist. Wenn eine Bestellung rein kam, freuten wir uns zuletzt nicht, sondern dachten: „Mist, jetzt müssen wir das ganze Wochenende Pakete packen.“ Wir fühlten uns schlecht, weil wir von vielen Menschen so sehr geliebt wurden. Wir hatten richtige „Fans“, die warteten auf jedes neue Design und kauften uns das Lager leer. Wir weinten, weil das Geld nicht zum Leben reichte, dafür hätten mehr machen müssen. Aber für „mehr“ hatten wir keine Kraft.
Dann kam der Abend, an dem ich dem Tod begegnet bin und den Rest wisst ihr ja. Für mich stand fest, dass ich nicht mehr so tun konnte, als wäre nichts. Einfach weiter zu machen wäre ein Verrat an mir selbst, das war für mich unter keinen Umständen mehr möglich!
Ich habe beschlossen ALLE Projekte zu beenden. Sofort.
Klar, war es einerseits eine Erleichterung, aber auch unendliche Schwere, schlechtes Gewissen… Das Gefühl: „Ich habe versagt!“
Heute, fünf Jahre später, spreche ich offen darüber und auch über die Zeit des „Scheiterns“. Denn wenn man gründet, dann hat man die Hoffnung, dass man DAS Unternehmen kreiert, dass vielleicht nicht die ganze Welt, aber zumindest ein wenig auf diesem Planeten verändert. Tja und dann sitzt du da und hast nichts mehr, hast auch noch viele Menschen enttäuscht.
Seit 3 Tagen ist das Buch „Green Rebels“ von Andrea Bitzer (als Co-Autorin ihre Schwester Lisa Bitzer) erschienen. Sie stellt darin großartige Gründer:innen vor, erzählt ihre Gründungsgeschichten und zeichnet ihre Wege mit Worten nach. Und das letzte Kapitel: Ist über mich. Über das Scheitern. Und warum das Aufgeben eines Unternehmens, einer Idee kein Weltuntergang ist, sondern eine Gelegenheit sich selbst ehrlich zu fragen: „Und nun? Was will ich eigentlich wirklich?!“
Das Buch ist nun überall erhältlich! Viel Spaß!